false
Balz Hösly

Digitale Vermögenswerte im Nachlass

Schweizer (ver)erben jährlich schätzungsweise 95 Milliarden Franken. Auch digitale Daten und Vermögenswerte werden als Teile des Nachlasses vererbt: Dazu gehören unter anderem Profile in sozialen Netzwerken, Onlinekonten, E-Mail-Postfächer, Cloud-Speicher, Lizenzen, Chatverläufe, Medien und Kryptowährungen. Häufig ist der Zugang dazu passwortgeschützt und stellt die Angehörigen nach einem Todesfall vor Herausforderungen.

Erbrechtliche Grundsätze

Das Erbrecht regelt die Rechtsnachfolge und den Vermögensübergang des Erblassers nach dem Tod. Die Erben erwerben die Erbschaft «automatisch» als Ganzes und treten in die Rechtsstellung des Erblassers ein (Universalsukzession). Es gehen sämtliche Aktiven und Passiven auf die Erben über.

In Erbgängen, bei denen kein «letzter Wille» vorhanden ist, gilt die gesetzliche Regelung des ZGB. Danach geht der Nachlass zur Hälfte auf den überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Partner sowie zur Hälfte auf die Nachkommen über.

Der Erblasser kann über sein Vermögen aber auch individuell verfügen. Er muss jedoch den Pflichtteilsschutz gewisser nahestehender Erben beachten: Der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Partner sowie die Nachkommen und auch die Eltern der verstorbenen Person (falls keine Nachkommen vorhanden sind) haben einen rechtlich durchsetzbaren obligatorischen Erbanspruch.

Grundsätze digitale Vermögenswerte

Ein digitaler Vermögenswert im Nachlass besteht nur, wenn die folgenden vier Hauptelemente vorhanden sind und eine zusätzliche Qualifizierung vorliegt:

  • Es muss sich um digitale Daten handeln,
  • die kryptographisch eineindeutig
  • auf einem Datenträger gespeichert sind,
  • zu dem es einen geschützten Zugang

Digitale Vermögenswerte können als Token abgebildet werden. Als Technologie für den Speicher und die Übertragung solcher digitalen Vermögenswerte dient die sog. «Distributed Ledger Technology». Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie unveränderbar, unaufhaltsam, unanfechtbar und dezentral aufgebaut ist. Der Zugang zu den Kryptowährungen wird durch sog. «Wallets» gewährleistet. Dabei wird zwischen einem Custodial Wallet (Verwaltung der Kryptowährungen durch einen Dritten) und einem Non-Custodial Wallet (Kryptowährungen werden selbst verwaltet) unterschieden.

Erbrechtlicher Challenge

Digitale Vermögenswerte, welche in einem Custodial Wallet gehalten werden, gehen als vertragliche Beziehung auf die Erben über. Der erbrechtliche Challenge besteht aber in der Erfassung von Zahlungs- und Nutzungstoken, die vom Erblasser selbst in einem Non-Custodial Wallet gehalten werden. Zu diesen «freien» digitalen Vermögenswerten, für die auch keine vertragliche Berechtigung des Erblassers existiert, die aber durchaus «werthaltige virtuelle Realität» darstellen, gibt es momentan noch keine Rechtsgrundlagen. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, mit der Dokumentation und der Planung des digitalen Nachlasses frühzeitig zu beginnen.

 

Weitere spannende Blogbeiträge

Megatrend Konnektivität – wohin entwickeln sich IT und Gesellschaft?

Der Zukunftsforscher John Naisbitt prägte 1980 den Begriff «Megatrend». Seine Definition:...

Mehr

Alters- und Invalidenvorsorge, ist sie ausreichend?

Obwohl die Annahme der 13. AHV-Rente in der Schweiz ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der...

Mehr

Verwaltungsrat - Wahrung der Compliance

Dem Verwaltungsrat obliegt im Rahmen seiner unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben (Art. 716a...

Mehr