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Dieter Pfaff

Neue Geschäftsmodelle – Anforderungen an Rechnungswesen und Steuerung

Vielfach steht hinter den klassischen Ansätzen des betrieblichen Rechnungswesens und der betrieblichen Steuerung das Bild eines einzelnen Produkts aus industrieller Fertigung. Unbewusst messen Controller bis heute die Leistungsfähigkeit methodischer Ansätze an den daraus resultierenden Anforderungen. Unterdessen ist die Angebotswelt erheblich vielfältiger geworden. In mehreren Fällen ist man sich auch erst in jüngerer Zeit einer solchen vielleicht schon länger bestehenden Vielfalt bewusst geworden.

Damit die Entwicklung und Förderung neuer Arten von Geschäftsmodellen bestmöglich im Unternehmen vorangetrieben werden können, müssen Organisation, Rechnungswesen und Incentivierung eng aufeinander abgestimmt sein.

Das allgemein veränderte Produktangebot zielt künftig mehr als bisher auf die Problemlösung des Kunden ab, weniger dagegen auf den Verkauf eines bestimmten Einzelprodukts. Beispielsweise wird der Verkauf eines Autos ersetzt durch die Sicherstellung einer bestimmten Transportleistung mit definiertem Komfort. Weit interpretiert bietet die Schweizer Paraplegiker Gruppe (SPG) eine „ganzheitliche Rehabilitation“ für Patienten mit Diagnose Querschnittlähmung an. Die Problemlösung besteht hierbei z.B. in einer stationär/ambulanten medizinischen Versorgung, einer Unterstützung bei der Re-Integration und lebenslangen Begleitung der Patienten sowie der Bereitstellung einer nationalen und internationalen Netzwerkstruktur.

Das Angebot von Verbundprodukten bedeutet aber nicht, alles zu einem Preis anzubieten; vielmehr unterstehen die angebotenen Sachgüter und Dienstleistungen unterschiedlich ausgestalteten Honorarsystemen, bis hin zur Erbringung bestimmter Leistungen ohne Entgelt. Was also angeboten wird und demgemäss auch kalkuliert werden muss, ist eine Verbundleistung, ein Bündel ganz unterschiedlicher Teilleistungen, etwa für das Beispiel der Transportleistung ein Auto, die Eventualbereitstellung eines Ersatzautos, die Wartung, Reparatur, die Verfügbarkeit von Internetkommunikationsleistungen während der Reise sowie ggf. Autoschutzbriefleistungen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Erlösseite. So fordert IFRS 15 (für die externe Rechnungslegung, aber mit Konsequenzen für das interne Rechnungswesen), eigenständig abgrenzbare Leistungsverpflichtungen eines Vertrags zu identifizieren und den Transaktionspreis auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen. Ganz abgesehen davon, dass der Transaktionspreis mit all seinen Komponenten (variable Gegenleistungen, Finanzierungskomponente usw.) gar nicht einfach bestimmbar ist, stellt seine Aufteilung auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen eine weitere Hürde dar.

Es kommt aber noch ein weiteres Problem hinzu:

Wenn die Angebotswelt der Unternehmen immer komplexer wird und der Verkauf einfacher Sachgüter durch das Angebot ganzer Leistungsbündel und vielfältiger Vertragsverpflichtungen abgelöst wird, dann sind diese häufig nicht auf einen Produkt- oder Geschäftsbereich eines Unternehmens beschränkt, sondern umfassen Sach- und Dienstleistungen mehrerer Geschäftsbereiche und bündeln diese (neu) für den Markt. Unter dem Dach der Tochtergesellschaft Robert Bosch Smart Home GmbH bündelt Bosch z.B. die Smart Home-Aktivitäten inklusive zugehöriger Software- und Sensorik-Kompetenzen. Ziel ist es, künftig Produkte und Dienstleistungen rund um das vernetzte Haus mit einer vernetzen Steuerung aus einer Hand anzubieten. Die Einführung solcher geschäftsbereichsübergreifender strategischer Geschäftsfelder erzeugt Anpassungsdruck auf die Organisation eines Unternehmens und dessen (internes) Rechnungswesen. Damit die Entwicklung und Förderung neuer Arten von Geschäftsmodellen bestmöglich im Unternehmen vorangetrieben werden können, müssen Organisation, Rechnungswesen und Incentivierung eng aufeinander abgestimmt sein.

Sollen etwa Mitarbeiter motiviert werden, ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf geschäftsbereichsübergreifende Aktivitäten zu legen, müssen organisatorische Entscheidungskompetenzen neu geordnet werden. Gleichzeitig besteht eine enge Verzahnung zwischen der Zuordnung von Entscheidungsrechten (als Frage der Organisation) und der Messung, wie erfolgreich diese Rechte ausgenutzt wurden (Definition von Performancemassen).

 

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